Vom Glauben eines Theologiestudenten

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# Spirituelles

Vom Glauben eines Theologiestudenten

Vom Glauben eines Theologiestudenten

Mein Name ist Markus Sachse, in bin Theologiestudent und begleite Pfarrer Viktor Weber im August und September 2024 als Praktikant. In der Reihe „Unser Glaube“ möchte ich Ihnen von meinem Glauben und von meinen Zweifeln erzählen, die mich seit meiner Zeit als Konfirmand begleiten und möchte Ihnen erzählen, was den Glauben eines Theologiestudenten ausmacht. 

Im Anfang war der Zweifel – noch bevor da ein Glaube war. Der Zweifel im Religionsunterricht und im Konfirmandenunterricht. Als Sohn von Eltern, die der Kirche immer verbunden, aber selbst nie besonders gläubig waren, hatte ich auf der einen Seite immer großes Interesse an den Geschichten, die im Religions- und Konfirmandenunterricht erzählt wurden und auf der anderen Seite kamen da immer wieder Zweifel auf. Wer ist dieser Gott eigentlich? Warum genau braucht es gleich drei – Vater, Sohn und Heiligen Geist? Und was hat es mit der Allmacht Gottes und der Güte Gottes angesichts des Leids in der Welt auf sich? 

Nach meinem Abitur und bevor ich mein Studium begann, gab es vor allem zwei Erlebnisse, die mich als Mensch und Christ prägten. So arbeitete ich einige Monate lang als Ehrenamtlicher in der Obdachlosenhilfe der Stadtmission am Bahnhof Zoologischer Garten. Hier – zwischen den Sozialarbeitern, den Ehrenamtlichen und den Hilfe- und Obdachsuchenden – lernte ich eine ganz andere Kirche kennen. Eine Kirche, die sich den Menschen zuwendet, die sonst kaum jemanden mehr haben, eine Kirche, die immer ein Lächeln, eine Tasse heißen Kaffee und einen Schlafsack für diejenigen hat, die die Gesellschaft längst vergessen hat und eine Kirche, die den Weg der Nächstenliebe Jesu Christi geht und die ihren Glauben immer als tätigen Glauben versteht. 

Das andere Erlebnis war der Kirchentag in Dortmund. Zusammen mit meiner Jungen Gemeinde fuhr ich im Sommer 2019 erstmals auf einen Kirchentag und lernte dort die bunte, vielfältige Weite der evangelischen Kirchen kennen. All diese gläubigen Menschen, all diese verschiedenen Facetten evangelischen Glaubens und trotz allem diese Gemeinschaft zu erleben, hat mich tief bewegt – allem voran: die Abendandacht auf dem Friedensplatz in Dortmund. Im Lichtermeer aus tausenden Kerzen und beim gemeinsamen Singen von „Der Mond ist aufgegangen“. 

Und da war er: der Glaube. Der Glaube an Gott, der sich allen Menschen in Freud und Leid zuwendet, der Glaube, der sich immer als tätige Nächstenliebe versteht und der Glaube, der von einer Gemeinschaft aus Gläubigen getragen wird. 

Im selben Jahr begann ich dann, Evangelische Theologie an der Humboldt-Universität zu studieren und lernte das Christentum und den christlichen Glauben auf ganz neue Art und Weise kennen. Zwischen Proseminaren und Vorlesungen aus Systematischer Theologie, Religionswissenschaft, Kirchengeschichte und Praktischer Theologie lernte ich einen neuen Zugang zur Bibel, zum Glauben und zur Kirche kennen: einen historisch-kritischen. Und so las ich Dogmatiken großer Denkerinnen und Denker, begann biblische Geschichten selber aus dem Alt-Griechischen zu übersetzen und beschäftigte mich mit Bauernkriegen und dem Investiturstreit.

Und da war er wieder: der Zweifel. Die historisch-kritische Auseinandersetzung mit Gott und der Kirche, die Beschäftigung mit allen Widersprüchen und Unschlüssigkeiten des christlichen Glaubens und der Bibel und zugleich die schrecklichen Bilder aus allen Ecken der Welt zwischen Krieg, Leid und Verbrechen stellten mein Gottes- und Weltbild gehörig auf den Kopf, forderten mich als Christen immer wieder heraus und hinterließen am Ende mehr Fragen als Antworten. Gibt es wirklich ein Leben nach dem Tod? Was passiert am Ende aller Zeit eigentlich mit den Menschen, die nicht an Gott glauben? Und wer hört und beantwortet unsere Gebete? 

Diese Zweifel, die mich lange Zeit begleiteten und die mich zeitweise sogar an meinem Berufswunsch – Pfarrer – zweifeln ließen, lösten sich erst Stück für Stück und mit der Zeit auf. In Gesprächen mit Kommilitoninnen und Kommilitonen, in hitzigen Diskussionen in Seminarsitzungen, im Kontakt mit Ehrenamtlichen aus verschiedenen Kirchengemeinden, die aus einem tiefen Glauben heraus Tag für Tag Gutes tun und im Gespräch mit Pfarrpersonen, die mir von ihrem Werdegang und ihrem Glauben erzählten, lernte ich viel. 

Ich lernte eine neue Sprache, um meinem Glauben Ausdruck zu verleihen, lernte mit vermeintlichen und tatsächlichen Widersprüchen der Bibel und der christlichen Dogmen umzugehen und lernte die Schönheit und die Wahrheit meines eigenen Glaubens durch Theologiestudium und in Gemeinschaft gelebten Glauben ganz neu kennen. Und da war er wieder: der Glaube.

Der Glaube an den einen Gott, der in den Büchern des Alten und Neuen Testaments beschrieben wird, der unser aller gütiger und allmächtiger Vater ist, der in Jesus Christus Mensch geworden ist und der durch den Heiligen Geist in unserer Welt und unserer Zeit wirkt. Der Glaube an den einen Gott, der uns bedingungslos liebt und in Freud und Leid an unserer Seite ist, der seine schützende Hand über uns hält und der unseren Ausgang und Eingang bis in alle Ewigkeit behütet. Der Glaube eines Theologiestudenten.

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